Hot-Jazz
Paul Abraham
Das Exil
Zeitgeschichte - frivol kommentiert
Paul Abraham lebte nach seiner Flucht aus Deutschland 1933 wieder in seiner
ungarischen Heimat. Dort hatten die Nazis (noch) nichts zu sagen, und er konnte
hier, wie im nahen Wien, weitere Werke auf die Bühne bringen und für den Film
arbeiten. Arbeitsmäßig blieb, auch was das Pensum betrifft, alles beim Alten.
Aber die Zeit der überregionalen Triumphe war vorbei. Zwar waren die
Premieren seiner Operetten „Märchen im Grand-Hotel“ (1934), „Dschainah, das
Mädchen aus dem Tanzhaus“ (1935) und „Roxy und ihr Wunderteam“ (1937) in
Wien durchaus erfolgreich. Doch war dies alles kein Vergleich zu den
triumphalen Erfolgen seiner Berliner Zeit.
Immerhin: Er setzte sich mit seinen Werken auch mit den aktuellen
Geschehnissen auseinander. In “Roxy und ihr Wunderteam”, einem parodistisch-
frivolen Werk, zieht er kurz nach den Olympischen Spielen in Berlin die
deutschen Ideale von Reinheit, Tugend und Rasse durch den Kakao. Der Titel ist eine Anspielung
auf das so genannte österreichische “Wunderteam”. Die Fußball-Nationalmannschaft hatte in den
Jahren 1931/1932 mehrere sensationelle Siege errungen. Einige Spieler des Teams standen dann
auch in der ersten und einzigen “Sportoperette” Abrahams auf der Bühne.
In Budapest komponierte Abraham zahlreiche Filmmusiken und auch Operetten, die ausschließ-
lich in Ungarn aufgeführt wurden. Von einer geplanten Operette „Donna Juanna“ (Alternativtitel:
„Eszedelmes asszony“ - Gefährliche Frau) existiert nur ein Textbuch, an dem Imre Földes, Imre
Harmath, Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda mitgearbeitet haben sollen. Das Werk wurde
nie fertiggestellt.
Über Paris und Havanna in die USA
1939 holten die politischen Verhältnisse Abraham auch in Budapest ein.
Österreich war schon ins Reich „heimgekehrt“, die faschistischen
Umtriebe wurden jetzt auch Ungarn bedrohlich. Paul Abraham ging
nach Paris – ohne seine Frau, die in Budapest
blieb und die er erst mehr als 15 Jahre später
wiedersehen sollte. Dennoch tauchte er in Paris
mit weiblicher Begleitung auf - Yvonne Louise
Ulrich. Durch Abraham lernte sie hier in den
Emigrantenkreisen auch Robert Stolz kennenlernte, dessen fünfte Frau sie
(mit dem Rufnamen “Einzi”) später wurde.
In Paris konnte Abraham ein Jahr in relativer Ruhe leben und arbeiten.
Gegenüber seinem früheren Arbeitspensum aber blieben die Aufträge hier
bescheiden: Er erhielt (von Regisseur Jean Boyer) lediglich den Auftrag
über die Filmmusik für den französischen Streifen Serenade (mit Lilian
Harvey und Louis Jouvet).
Doch auch aus Paris musste Abraham vor den Nazis fliehen. Über
Casablanca und Havanna, wo er ein halbes Jahr weilte, gelangte Abraham schließlich nach
Miami. Von dort fuhr er mit der Eisenbahn nach New York. Das war acht lebenswichtige Dollar
billiger als die direkte Schiffspassage. Abraham, abgeschnitten von allen Tantiemenzahlungen,
war so mittellos, dass sein ungarischer Freund Paul Alexander (Alexander Pál) die Kaution von
500 Dollar hinterlegen musste, ohne die eine Einreise Abrahams in die USA unmöglich gewesen
wäre.
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Brief aus dem Exil in Frankreich
Im Pariser Exil lebte Paul Abraham im Hotel
Splendid (heute Splendid Etoile). Von dort schrieb
er Anfang 1939 einen Brief an seine in Budapest
gebliebene Frau Charlotte, in dem er sich sehr
über das Emigrantenschicksal und seine Geld-
sorgen beklagte.
(Abbildung durch Mausklick vergrößern.)
Als Komponist in den USA
Im USA-Exil versuchte Paul Abraham vergeblich,
so wie in Europa als Komponist erfolgreich zu
werden. Er startete ungeheuer produktiv: Im Jahr
1941 verzeichnete der „Katalog der Copyright
Einträge“ der Library of Congress immerhin 41
Melodien von Abraham. Aber keine hatte wohl
durchschlagende Wirkung. Im Jahr 1942 wurden
noch sechs Melodien, 1943 nur noch eine einzige
registriert. Danach gibt es keine Eintragung mehr.
Übrigens sind unter den USA-Kompositionen
nicht weniger als 11 Polkas zu finden. Die einzige
recherchierbare Abraham-Melodie („Tic tac toe“)
auf einer amerikanischen Nachkriegs-LP findet
sich denn auch 1958 auf der Polka Party vom
Harry Harden Orchestra (Vocalion, VL 3612)..
(siehe auch: Archiv/Exil)